Großzügige Spende für das Forum Asyl mit St. Christophorus

Preisverleihung mit Fototermin auf den Stufen zur Kirche St. Christophorus, Foto: Fabian Schmöker

03. März 2021
Der Katholikenrat beim Katholischen Militärbischof für die Deutsche Bundeswehr hat dem Forum Asyl mit St. Christophorus im Rahmen einer Andacht in der Gemeinde St. Christophorus eine Spende in Höhe von 10.000 Euro überreicht.

Oberstleutnant Gereon Gräf

Die Spende wurde vom Vorsitzenden des Militär-Katholikenrats Oberstleutnant Gereon Gräf sowie weiteren Vorstandsmitgliedern an die ehrenamtlichen Mitglieder und Personen aus dem Kirchenasyl übergeben. Die Soldatinnen und Soldaten beim Katholikenrat möchten damit Projekte vor Ort unterstützen und das langjährige Engagement würdigen. In seiner Rede zeigte sich der Vorsitzende von der Arbeit des Forums „berührt, bewegt und beeindruckt.“

Wolfgang Wurmb, Finanzvorstand der Katholischen Soldatenseelsorge, erklärte dazu, dass „die Soldatinnen und Soldaten in den Einsätzen oft Menschen auf der Flucht erleben. Sie möchten dazu beitragen, dass ihnen in Deutschland ein sicherer Ort und Hilfe gewährt werden.“

Nieves Kuhlmann, Mitglied im Forum Asyl mit St. Christophorus und Michael Haas-Busch, Koordinator für die Flüchtlingsarbeit beim Caritasverband für das Erzbistum Berlin e.V., gestalteten die Andacht.

Im Forum Asyl mit St. Christophorus kümmert sich seit zwanzig Jahren eine Unterstützergruppe ehrenamtlich um Geflüchtete und Menschen, die Asyl suchen. Das Engagement umfasst Behördengänge, Arztbesuche, Wohnungssuche, rechtliche Unterstützung, Hilfe bei Anträgen und Unterstützung im Aufbau von langfristigen Perspektiven und Jobsuche.

Das Forum Asyl dankt herzlich allen Mitgliedern des Katholikenrates für die großzügige Spende.

Text: Fabian Schmöker

 

 

Kirchenasyl  – Biblisches Engagement und letzte Chance im Einzelfall

Die Pfarrei Heilige Drei Könige in Berlin-Neukölln engagiert sich im Kirchenasyl. Dafür erhält das „Forum Asyl“ der Pfarrei in diesem Jahr den Dreikönigspreis des Diözesanrats der Katholiken. Doch was ist eigentlich Kirchenasyl? Jana Gieth von pallotti media® hat einen Film zum Thema produziert.

Karim, 21 Jahre alt, lächelt etwas verlegen in die Kamera und sagt: „Ich wohne in der Kirche in der Nansenstraße bei Lissy und Kalle, und ich habe eine nette Familie in der Kirche gefunden.“ Mit Kalle ist Pallottinerpater Karl Hermann Lenz, langjähriger Priester in der Gemeinde St. Christophorus und jetzt in der Pfarrei Heilige Drei Könige gemeint; mit Lissy die Pastoralreferentin der Pfarrei, Lissy Eichert. Auch sie gehört der Pallottinischen Gemeinschaft an.

Karim stammt aus Afghanistan. Mit 14 ist er aus seinem Heimatland geflüchtet, landete nach anderthalb Jahren Flucht mit all ihren Schrecken zunächst in Finnland. Als unbegleiteter Jugendlicher kam er dort in ein Kinderheim. Als er 18 war, wollten die finnischen Behörden ihn nach Afghanistan zurückschicken. Karim schlug sich nach Deutschland durch und fand Asyl in den Räumen von St. Christophorus am Reuterplatz. Hier ist er geschützt.

Lissy Eichert vom „Forum Asyl“ skizziert die Ursprünge des Kirchenasyls: „Wenn jemand verfolgt war und sich an einen heiligen Ort retten konnte, hielt das erst einmal die Verfolger ab. Und so konnte geklärt werden, worum es geht und was zu tun ist. In dieser Tradition gilt eine Kirche als heiliger Raum, als Schutzort für Geflüchtete – bis heute.“

Kirchenasyl ist jedoch kein Ersatz für das staatliche Asylverfahren, denn die Kirche kann weder einen Aufenthaltstitel verleihen noch jemandem zum Asyl in Deutschland verhelfen. Vielmehr gehe es darum, eine bereits getroffene Entscheidung über eine Abschiebung nochmal zu überdenken. Dafür werde mit dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) verhandelt, „um zu klären, welche humanitären Gründe einer Abschiebungsentscheidung entgegenstehen könnten“, so Michael Haas-Busch vom „Forum Asyl“.

In vielen Fällen ist nicht die Abschiebung in das Heimatland gemeint, sondern zunächst in das europäische Land, in dem die geflüchtete Person zuerst einen Asylantrag gestellt hat. Teil des so genannten Dublin-Verfahrens ist es, die Person in dieses Ersteintrittsland zurückzuführen. Humanitäre Gründe, die gegen eine Rückführung sprechen sind beispielsweise Obdachlosigkeit, Perspektivlosigkeit, Armut, wenn in dem Land Zwangsprostitution, Menschenhandel oder in den Unterkünften für Geflüchtete menschenunwürdige Bedingungen herrschen.

Ist die Abschiebung angeordnet, beginnt eine sechsmonatige Frist, in der die Person in dieses Ersteintrittsland zurückgeführt werden muss. Verstreicht diese Frist, wird die Bundesrepublik Deutschland zuständig. Um die drohende Abschiebung zu verhindern wird nun vom „Forum Asyl“ gemeinsam mit dem Katholischen Büro Berlin-Brandenburg ein „Härtefalldossier“ erstellt, in dem Gründe für den humanitären Einzelfall dargelegt sind.

Eine Anerkennung dieser Gründe durch das BAMF sei schwierig, weiß Lissy Eichert vom „Forum Asyl“: „Die aktuelle politische Situation sieht so aus, dass die allermeisten Härtefalldossiers abgelehnt werden und deswegen die Kirche entscheiden muss: Entlassen wir die Person jetzt aus dem Kirchenasyl oder behalten wir sie solange bei uns, bis die Rücküberstellungsfrist abgelaufen ist. Das heißt: Die Kirche muss jetzt tapfer sein und sagen: Wir machen’s trotzdem.“

Wird das Kirchenasyl nach den sechs Monaten nicht beendet, verlängert es sich um weitere 12 Monate. Im Höchstfall verbringt ein Schutzsuchender also bis zu 18 Monaten im Kirchenasyl. „18 Monate lang sollte Karim sich nach Möglichkeit nur auf dem Gelände von St. Christophorus aufhalten, also nicht alleine zum Arzt gehen oder zum Einkaufen oder mal joggen – er darf nichts, nicht mal hier sein. Das ist Lockdown pur, ein Skandal, gegen den die Kirchenasylbewegung in ganz Deutschland protestiert.“ Karim hat die anderthalb Jahre im Pfarrhaus, „bei Kalle und Lissy“ und seiner „Familie“ durchgestanden. Es gab Krisen, in denen er fast verzweifelt ist. Die Mitglieder vom „Forum Asyl“ hatte dann alle Hände voll zu tun.  

Wichtig sei es, in den Monaten der Ausgangssperre Deutsch zu lernen, sagt Lissy Eichert. „Damit, wer im Kirchenasyl ist, nicht das Gefühl hat, die Zeit bleibe stehen, sondern merkt, ich kann etwas lernen. Gleichzeitig ist Deutschlernen natürlich schwierig, wenn jemand keine gesicherte Perspektive hat, in Deutschland bleiben zu dürfen. Da steht immer die Angst vor Abschiebung davor. Und alle Beteiligten brauchen enorm viel Geduld.“

Ebenso wichtig ist die psychotherapeutische Begleitung, „um die Fluchtgeschichte professionell zu bearbeiten, zu sehen, was Karim den ganzen Tag macht, wie er sich fühlt in seinem zwar geschützten aber stark eingegrenzten Raum.“ Gemeinsam mit ihm haben die Mitglieder vom „Forum Asyl“ überlegt, was eine sinnvolle Beschäftigung wäre und was er tun könnte, um später eine realistischere berufliche Chance zu haben.

Viele Schutzsuchende fragen nach Kirchenasyl. Deshalb wünschen sich die Mitglieder vom „Forum Asyl“, dass sich noch mehr Gemeinden dazu bereit erklären. Oder mehrere Gemeinden sich zusammentun, um eine Person oder eine Familie im Kirchenasyl zu unterstützen. „Eine Gemeinde muss sich nicht alleine um alles kümmern“, betont Michael Haas-Busch, „und sie steht auch nicht alleine da. Im Erzbistum Berlin wurde ein Flüchtlingsfonds eingerichtet; die Kooperation mit Erzbistum, Caritasverband und Katholischem Büro funktioniert gut.“

Erzbischof Dr. Heiner Koch unterstützt das Engagement von „Forum Asyl“ sowie aller Gemeinden, die ihre Räume für das Kirchenasyl öffnen: „Als Kirche haben wir den Auftrag, für den Schutz von Verfolgten und Bedrängten zu sorgen. In besonderer Weise gilt dies für Personen, die von Menschenrechtsverletzungen bedroht sind oder verfolgt werden. Es ist ein Zeugnis unseres Glaubens, an der Seite derer zu stehen, die keine Stimme haben.“ „Sehr stolz“ sei er auf das Engagement, mit dem viele Gemeinden im Erzbistum sowie Einzelne Geflüchtete unterstützen. „Ich lade alle unsere Pfarreien ein zu prüfen, ob auch sie sich durch Gewährung von Kirchenasyl oder durch andere Unterstützung Geflüchteter für eine Umsetzung des Evangeliums einsetzen können.“

Kirchenasyl ist und bleibt – ganz jesuanisch – ein Stein des Anstoßes, bestätigt Lissy Eichert: „Doch selbst Hardliner, die skeptisch sind, ob wir hier Recht brechen, sagen uns: Grundsätzlich sind wir ja nicht für Kirchenasyl, aber für diesen konkreten Fall müssen wir mal eine Ausnahme machen. Und das ist doch ein Gewinn: zu sehen, wir haben ein gute Rechtsordnung, und trotzdem sind Recht und Gerechtigkeit nicht immer das Gleiche. Es gibt Situationen, da fallen Menschen durchs Raster.“

Am Schluss des Films von Jana Gieth erzählt Karim, der in Finnland auf der Straße leben musste, wie er etwas zurückgibt von der Fürsorge, die er erlebt hat: „Ich teile das Essen für Obdachlose aus, am Mittwoch in der Kirche St. Richard, und am Sonntag wir fahren zum Bahnhof Zoo und teilen das Essen für Obdachlose dort aus. Ich mag immer Leuten helfen und fühle mich sehr gut, ja.“   Juliane Bittner

Am 10.12.2019, dem Tag der Menschenrechte, übergab eine Delegation der Kirchenasyl-Bewegung 1543 Unterschriften ans Innenministerium. In dem offenen Brief vom 30.09.2019 hatten die Ökumenische Bundesarbeitsgemeinschaft (BAG) Asyl in der Kirche und alle Regionalnetzwerke für Kirchenasyl in einem offenen Brief an Innenminister Horst Seehofer appelliert, für eine Politik einzustehen, die das Kirchenasyl überflüssig macht, anstatt es zu bekämpfen.

Kirche(nasyl) und Menschenrechte

Der Tag der Menschenrechte am 10. Dezember erinnert jedes Jahr an die Verabschiedung der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte durch die Vereinten Nationen 1948. Er ist auch ein wichtiger Tag für die Kirchen, um auf Menschenrechtsverletzungen aufmerksam zu machen. Besonders betroffen sind Schutzsuchende im Kirchenasyl: Ihnen sind schwere Menschenrechtsverletzungen widerfahren oder drohen bei Vollzug der Abschiebung.

Im August 2018 hat die Innenministerkonferenz Verschärfungen der Kriterien für Kirchenasyle beschlossen, die dazu führen, „dass Menschen, die in ein europäisches Land abgeschoben werden sollen und denen dadurch unzumutbare Härten und unmenschliche Behandlung drohen, kriminalisiert werden und unter Umständen 18 Monate im Kirchenasyl bleiben müssen.“

Die Bundesarbeitsgemeinschaft (BAG) Asyl in der Kirche e.V., mit der das Forum Asyl mit St. Christophorus über Lissy Eichert als Vorstandsmitglied eng verbunden ist, schrieb im September 2019 einen offenen Brief an Innenminister Horst Seehofer und bat ihn anhand eindrücklicher Fallschilderungen, „für eine Politik einzustehen, die das Kirchenasyl überflüssig macht, anstatt es zu bekämpfen“. Dem Appell, diesen mitzuzeichnen, folgten 1543 Personen. Die Unterschriften wurden am 10.12.19 durch eine Delegation der Kirchenasyl-Bewegung an das Innenministerium übergeben.

Wird das die Politik verändern? Werden die Verschärfungen zurück genommen und können Schutzsuchende wie Kirchen künftig auf Kirchenasyl verzichten, weil humanitäre Härten mehr wiegen als Zuständigkeiten?

Vermutlich nicht. Kirchenasyl ist und bleibt Menschenrechtsarbeit im Einzelfall. Und der Auftrag Jesu, für die Schwachen einzustehen, ist und bleibt hoch politisch!

Die BAG berichtet, dass Horst Seehofer in einem anschließenden Interview gesagt habe, er „respektiere als Christ die Tradition des Kirchenasyls, und […] betrachte das Kirchenasyl als hilfreiche und erhaltenswerte „Ultima Ratio“ in besonders gelagerten Härtefällen.“ Und dass inzwischen drei der vier im Brief geschilderten Fälle gelöst werden konnten. Mit Gott geht also noch was. Schritt für Schritt.

 

Michael Haas-Busch

Zitate aus der Pressemitteilung der BAG Asyl in der Kirche vom 10.12.19, URL: https://www.kirchenasyl.de/portfolio/pm-zum-tag-der-menschenrechte-uebergabe-des-offenen-briefs-zum-kirchenasyl/. Dort kann auch der offene Brief nachgelesen werden. 

Die ganze Pressemitteilung lesen: PM 10.12.19 BAG

Der Brief an Seehofer zum Download: OFFENER-BRIEF-AN-HORST-SEEHOFER-30.08.2019

 

 

Plakat-Asyl4

Kirchenasyl ist heute die vorübergehende Aufnahme von geflüchteten Menschen

als „Ultima Ratio“, die letzte mögliche Lösung oder das letzte mögliche Mittel – jenseits der Möglichkeiten. Asyl am heiligen Ort ist ein Schutz für Menschen, denen Gefahr an Leib und Leben im Falle einer Abschiebung.

Kirchenasyl sucht erneut das Gespräch mit den Behörden und eine Lösung im Einzelfall. In regelmäßigen Treffen trifft sich das Forum Asyl mit Sankt Christophorus um konkrete Unterstützungsmaßnahmen für unsere Gäste zu besprechen: Wir verbringen gemeinsame Zeit, entwickeln Lebensperspektiven, sprechen Mut und Hoffnung in hoffnungslosen Phasen zu. Gleichzeitig halten wir die Spannung aus, dass wir keine Versprechen machen dürfen, dass Kirchenasyl keine Erfolgsaussicht garantiert. Das ist die besondere Sensibilität, die auch persönliche Kraft braucht und Grenzen ziehen beinhaltet.

Zur praktischen Arbeit im Forum:
Wir bemühen uns um Gestaltung des Alltags, um Lebensfreude. Wir kochen zusammen, geben Deutschunterricht, begleiten zur Sprachschule,  zum Arzt oder zu einem Spaziergang. Wir unterstützen bei der Suche nach anwaltlicher Hilfe und therapeutischer Begleitung. Das Engagement des Forums ist vernetzt im Ökumenischen Verein Asyl in der Kirche e.V.; die Caritas und das Erzbistum Berlin, konkret mit dem Netzwerkkoordinator der Flüchtlingshilfe und dem Katholischen Büro. In der konkreten Arbeit ergeben sich viele Kooperationen und vielfältige Unterstützungen für geflüchtete Menschen in ihren je unterschiedlichen Lebenslagen und Bedürfnissen. Immer wieder erleben wir unkomplizierte Hilfsangebote vor Ort. Gute Kontakte bestehen auch zum Heimathafen Neukölln, zu kirchlichen Orten in Nord-Neukölln, u.a.  einer Schule in Katholischer Trägerschaft, die sich solidarisch ebenfalls als Schutzraum bereit erklärt. Sie hat dadurch schon Geflüchteten geholfen hat, einen Schulabschluss zu machen.

Wir bieten Rückhalt und Austausch in einer engagierten Gruppe
und die Möglichkeit, sich mit seinen individuellen Begabungen und Möglichkeiten ein zubringen. Im gemeindlichen geschützten Umfeld finden unsere Gäste „Support“, also Unterstützung, eigene Kompetenzen einzusetzen. Viele wollen sich mit Arbeit einbringen und neuen Lebensmut ausdrücken.

Aktuell versuchen wir
eine Kooperation mit der Malteser-Unterkunft im ehemaligen C&A Haus in der Karl-Marx-Straße. Dort lebende Geflüchtete könnten in den Projekten von Pallotti-Mobil e.V. mitarbeiten.

Wir freuen uns über engagierte, geduldige Mithelfer*innen,
die offen und herzlich sind. Schön ist es dabei, wenn jemand  gerne Inhalte vermittelt und Freude daran hat, Brücken bauen . Nehmen Sie / Nehmt Kontakt auf! Lissy Eichert, Nieves Kuhlmann, Peter Becker (Vorstand Forum Asyl)

„Am Ende wird alles gut. Wenn es noch nicht gut ist, ist es noch nicht das Ende!“

Dieser Text auf einer Spruchkarte sagt viel über die Beharrlichkeit aus, die es braucht, den einzelnen Fall und das einzelne Schicksal nicht aufzugeben.  Unsere eigentliche Hoffnung aber drückt der Apostel Paulus in einem Brief an die Römer aus:

„Seid fröhlich in der Hoffnung, beharrlich in der Bedrängnis, geduldig im Gebet!“ (Röm 12,12)

 

„Menschen, die Wohl wollen“

Am 11. Oktober trafen sich Mitglieder und Gäste des ReuterForum bei einem Informationsabend zum Thema „Geflüchtete im Reuterkiez“ im Gemeindesaal von St. Christophorus. Dabei stellten Mitglieder des „Forum Asyl mit St. Christophorus“ ihre Aktivitäten vor.

Das unabhängige Bürgerforum ReuterForum besteht seit April 2016, hervorgegangen aus dem Quartiersrat. Hier treffen sich Anwohner und Akteure des Kiez rund um den Reuterplatz. Ziel ist Information, Vernetzung und Abbildung der Vielfalt im Kiez, sowie die Vertretung der Bürger gegenüber Politik und Verwaltung. Es gibt einen Blog, Newsletter, gemeinsame Aktionen und regelmäßige Veranstaltungen.

Engagement und Angebote der Kirchengemeinde St. Christophorus stellte ein zu Beginn gezeigter Kurzfilm vor. „Kirchenasyl ist kein Verstecken der Betroffenen, sondern ein „Neu Verhandeln“. Rechtliche, humanitäre und soziale Fragen würden neu geprüft, sagte Peter Becker vom Vorstand Forum Asyl im Film. Nach der Vorführung ging es zunächst um Fakten, hier zusammengefasst:

Eine Kirche oder Glaubensgemeinschaft kann in ihren Gebäuden – nicht zwingend im Kirchenraum selbst – einem Asylsuchenden Schutz bieten. Ziel ist die Abschiebung oder die Rückschiebung des Geflüchteten innerhalb Europas zu verhindern, wenn Gefahr an Leib und Leben besteht. Nach der Dublin III Verordnung aus dem Jahr 2013 verlängert sich die Frist, ehe der Asylsuchende in Deutschland einen Asylantrag stellen kann, um 18 Monate.

Vor der Aufnahme in ein Kirchenasyl wird juristisch geprüft, ob es eine Perspektive für die Verhandlungen gibt. Dann beschließen die Gremien die Aufnahme. Da ein Asylsuchender als untergetaucht gilt, wenn er nicht gemeldet ist, werden das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge sowie das Katholische Büro informiert.

In St. Christophorus besteht in Sachen Aufnahme eine besondere Situation: Die Gremien der Gemeinde haben sich vor vielen Jahren grundsätzlich für das Kirchenasyl entschieden und konkrete Aufnahmen an das Forum delegiert. Die Gemeinde ist Mitglied im Ökumenischen Verein Asyl in der Kirche. Eine Anfrage erfolge heute nach Antrag und Prüfung durch eine Beratungsstelle beziehungsweise nach einem Hilfeersuchen von einem der Akteure aus dem Netzwerk. Kirchenasyl ist Hilfe im Einzelfall und wirklich „ultima ratio“.

Der Name „Forum Asyl mit St. Christophorus“ kam zustande, weil sich von Anfang an auch Menschen im Forum engagierten, die nicht zur Gemeinde gehörten. „Kirchenasyl ist nur möglich“, sagt Michael Haas, „weil ein Unterstützerkreis vorhanden ist, der die Aufgabe gemeinsam trägt“.  Benötigt werden zudem ehrenamtlich beratende Ärzte, Anwälte sowie professionelle Unterstützer, wie etwa das Büro für medizinische Flüchtlingshilfe oder der Verein Asyl in der Kirche. Denn ein Kirchenasyl kann Monate dauern. Spenden werden benötigt, denn der Betroffene erhalte keine finanziellen Leistungen und keine Krankenversicherung mehr.  Als Idee für den Eingang von Spenden entstand der Kleinkunstabend, erzählt Monika Binek. Der Abend sollte ursprünglich nur ein bis zweimal stattfinden und dann wurde er so beliebt, dass er zur Institution geworden ist.

Etwa 15 Menschen waren bisher hier im Kirchenasyl. Yakob Mekowanent betont die wertvolle Vernetzung mit diversen Gruppen wie dem Beratungs- und Behandlungszentrum Xenion, dessen Mitarbeiter psychosoziale Hilfe für traumatisierte Flüchtlinge und Folteropfer bieten, sowie der Berliner Beratungsstelle von Solwodi für Frauen in Not. Dann bestehen weitere Netzwerke: mit der Caritas, den Maltesern, der Bildungsstätte Jack und Pallotti-Mobil.

Im Forum Asyl sind etwa zehn bis zwölf aktive Mitglieder, das Forum ist konfessionsunabhängig, berichtet Yakob Mekowanent. „Es sind Menschen, die ,Wohl wollen‘ und an das Leben glauben“. Mit ihren unterschiedlichen Berufen machen sie das Engagement lebendig und bringen verschiedene Talente ein. „So wird die Last nicht nur von einer Person getragen“, sagt Yakob.

Von einem der jüngsten Asylfälle, einem Paar aus Somalia, berichtet Forumsmitglied Sabine Wagenfeld. 2014 gab es eine Anfrage von der Caritas in Königs Wusterhausen, das Paar aufzunehmen. Sie hatten lange Irrwege hinter sich, in Somalia, Libyen, die Frau war krank und traumatisiert, in Italien hatten sie gehungert und auf der Straße gelebt. Sie konnten inzwischen ihren Asylantrag stellen, aber es gab noch keine erste Anhörung. Lucia Jay von Seldeneck hat zusammen mit der Regisseurin Nicole Oder aus der Geschichte der beiden das Theaterstück „Ultima Ratio“ entwickelt, das derzeit wieder im Heimathafen Neukölln zu sehen ist. Text: Evelyn Christel & Lissy Eichert

 

 

 

 +++Archiv+++

„Dreikönigspreis“ für „JACK“

Berliner Bildungsstätte für Migrantinnen und Flüchtlinge ausgezeichnet

Wer hat den Preis verliehen?
Die Mitglieder des Diözesanrats der Katholiken, die Vertretung der katholischen Laien im Erzbistum Berlin. Überreicht hat den Preis der Diözesanratsvorsitzende Bernd Streich am Ende des Gottesdienstes zum Neujahrsempfang der Berliner Katholischen Kirche am 13. Januar in der St. Hedwigs-Kathedrale in Berlin-Mitte.

Der Diözesanratsvorsitzende Bernd Streich überrreicht die Urkunde zum „Dreikönigspreis“ an die Leiterin der Bildungsstätte „JACK“ Daniela Dachrodt. Mit dabei ist Susanne Eikenberg (rechts)vom Jesuiten-Flüchtlingsdienst, einem der Kooperationspartner von „JACK“. Foto: Walter Wetzler.

Wofür steht der „Dreikönigspreis“?
Mit dem Preis werden jährlich, nahe dem Fest der Heiligen Drei Könige, Initiativen ausgezeichnet, die das Zusammenleben von Menschen verschiedener Kulturen, Sprachen und Religionen fördern.[dropdown_box show_more=“Weiterlesen“ show_less=“Text einklappen“ start=“hide“]

Wer ist „JACK“?
Eine Neuköllner Bildungsstätte, die Migrantinnen und Geflüchtete unterrichtet. Rund 100 Frauen aus 27 Ländern besuchen derzeit bei „JACK“ Alphabetisierungs-, Deutsch- und Computerkurse. Es sind meist besonders schutzbedürftige Frauen ohne sicheren Aufenthaltsstatus, die anderweitig kaum Zugang zu Bildung haben. Sechs Dozenten und viele ehrenamtliche Partner bieten den Frauen Chancen, Beratung und Gemeinschaft. Es gibt Koch- und Nähgruppen, Tanz, Sport, Kinderbetreuung während der Kurse und viele alltagspraktische Tipps für das Leben in Deutschland.

Wofür wird die Bildungsstätte ausgezeichnet?
Mit dem Preis für Integration hebt der Diözesanrat „das Engagement aller an diesem Projekt Beteiligten, ermutigt zur Fortführung sowie zum weiteren Ausbau der Bildungsstätte“. Das sagte der Diözesanratsvorsitzende Bernd Streich bei der Verleihung.

Das Besondere an „JACK“?
„Neben Bildung bietet JACK den Frauen die notwendige emotionale Stabilität in ihren schwierigen Lebenssituation. Hier haben sie einen Ort zum Austausch, sind beschäftigt und bauen sich eine Basis fürs Leben auf“, berichtet die Leiterin der Bildungsstätte, Daniela Dachrodt.

„Jack ist ein gutes Beispiel für Vernetzung“, sagt der Pfarrer von St. Christophorus, Pallottiner-Pater Kalle Lenz. Denn „JACK“ ist Teil des Trägervereins Pallotti-Mobil. Kooperationspartner sind unter anderem die Beratungsstelle „SOLWODI“, der Jesuiten-Flüchtlingsdienst, die Kirchengemeinden von Nord-Neukölln und das „Internationale Pastorale Zentrum“ in Neukölln. Unterstützung kommt seit 2015 auch vom überregionalen „Bonifatiuswerk der Katholiken“.

 „JACK“s sagen:
„Wir freuen sehr über den Preis“, betont Daniela Dachrodt. „Es zeigt uns, wie wichtig unsere Arbeit ist und dass sie wertgeschätzt wird! Der Preis macht uns im Team Mut.“ Das mit der Auszeichnung verbundene Preisgeld von 1700 Euro ist hochwillkommen. „JACK“ ist auf Spenden angewiesen.

Eine Schülerin sagt: „Bei JACK bin ich einfach zuhause. Ich  lerne Deutsch, ich treffe Freunde, meine Kinder kriegen Betreuung. Wir bedanken uns bei JACK für die Mühe.“ Und eine weitere Teilnehmerin: „Mir gefällt diese Schule und ich lerne gut. Meine Lehrerin ist gut. Jeder hier ist freundlich.“

Wie ist „JACK“ entstanden?
Mitglieder der Berliner Pallottinischen Gemeinschaft und Schwestern der Comboni-Ordensgemeinschaft hatten 2012 die Vision, Frauen während der langen und belastenden Zeit der Asylverfahren eine Chance zur Weiterentwicklung ihrer Kenntnisse und Fähigkeiten zu geben. Kurz darauf gelang der Start, insbesondere mit Hilfe einer Berlinerin, die ihr Erbe stiftete. Der Name „JACK“ geht auf ihren verstorbenen Sohn zurück.

Was können Sie tun?
Unterstützen Sie „JACK“! Auf www.jack-berlin.org finden Sie Informationen über die aktuell gebrauchten Hilfen und die Möglichkeit, zu spenden!

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Kuchen essen für einen guten Zweck

Forum Asyl erhält Spende von Werkstätten für Menschen mit Behinderungen

Mitarbeiter der Kaspar Hauser Stiftung und der Delphin Werkstätten überreichten am 12. Juli eine Spende von 403 Euro und 5 Cent für die Arbeit des Vereins Forum Asyl. Das Geld war beim Kuchenverkauf eines gemeinsamen Aktionstages der Einrichtungen für Menschen mit Behinderungen zusammengekommen. „Es sei klar gewesen, dass die Spende, passend zum Motto des Aktionstages an ein Flüchtlingsprojekt geht“, sagte Birgit Böhm von der Kaspar Hauser Stiftung. Sie habe Forum Asyl vorgeschlagen, „weil dort Menschen Unterstützung bekommen, die von keiner anderen Seite unterstützt werden“.
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„Wir freuen uns sehr“, sagt Nieves Kuhlmann, die das Geld für den Verein entgegennahm. „Wir finden es toll, wenn sich Projekte vernetzen und an der guten Sache arbeiten.“

Die Besucher erfuhren mehr über die Arbeit von Forum Asyl. Nicht nur bei Asylfällen sondern auch in anderen akuten Notsituationen helfen die ehrenamtlichen Mitarbeiter des Forums. Zwischenzeitlich lebt ein schwer an Krebs erkrankter Mann, geflüchtet aus Syrien, in der Asylwohnung. Er ist besonders schutzbedürftig, so dass der Aufenthalt in einer Turnhalle für den Erkrankten nicht zumutbar ist. Das Klinikum der Charité hatte sich mit der Bitte um Unterstützung an das Forum gewendet. Housam J. größter Wunsch ist die Zusammenführung seiner Familie, die derzeit von Griechenland aus einen Asylantrag gestellt hat. [dropdown_box show_more=“Weiterlesen“ show_less=“Text einklappen“ start=“hide“]

Marcel Hesse, Mitglied des Werkstattrates, der anthroposophisch orientierten Berliner Kaspar Hauser Stiftung, erzählte vom alle zwei Jahre stattfindenden Aktionstag, an dem in diesem Jahr auch Schüler einer Willkommensklasse teilnahmen. Tjark Meyer, stellvertretender Vorsitzender des Werkstattrates der Delphin Werkstätten in Berlin-Pankow, in Trägerschaft des Sozialdienst Katholischer Frauen, berichtete von den Aufgaben eines Werkstattrates. Der Werkstattrat ist eine gewählte Vertretung der Werkstattbeschäftigten, die deren Interessen vertritt. Wünsche und Probleme werden durch ihn an die Werkstattleitung herantragen, und es wird gemeinsam nach Lösungen gesucht. Die Werkstatträte beider Einrichtungen arbeiten bei vielen Problemen auch zusammen. Beispielsweise  wird seit Jahren gemeinsam versucht, den Bau einer dringend benötigten Ampelanlage am gemeinsamen Standort in Pankow Buchholz durchzusetzen. scec

Die Arbeit des Forum Asyl können auch Sie mit einer Spende unterstützen:

Berliner Volksbank:
IBAN: DE90  1009 0000 5811 2260 27, BIC: BEVODEBB
Verwendungszweck: Forum Asyl mit St. Christophorus[/dropdown_box]

 

Eröffnungsgottesdienst der Interkulturellen Woche 2015

„Vielfalt. Das beste gegen Einfalt.“ Hier ein paar Impressionen vom ökumenischen Eröffnungsgottesdienst der Interkulturellen Woche 2015 in der ev. St. Simeonkirche in Berlin-Kreuzberg.

 

Van Binh Tran – Das gute Ende eines wahrlich ÖKUMENISCHEN Kirchenasylfalles

von Peter Becker
Binh_KirchenzeitungNach über 5 Jahren ist es endlich geschafft:
Van Binh Tran erhielt vor wenigen Tagen durch die Berliner Ausländerbehörde eine Aufenthaltserlaubnis bis zum Juni 2017, also für 3 Jahre – und ist damit auch aus- länderrechtlich in Berlin „angekommen“.

Für alle die, die in den vergangenen Jahren mit dem „Fall Binh“ zu tun hatten, hier noch einmal die Zusammenfassung der schicksalhaften Geschichte dieses jungen Mannes.
Binh kam im Februar 1994, im Alter von knapp 3 Jahren, mit seiner Mutter nach Deutschland. Zwar gab es in Berlin Verwandte der Mutter, aber nachdem ein Asylantrag gestellt wurde, erfolgte die sog. „Umverteilung“ nach Sachsen.[dropdown_box show_more=“Weiterlesen“ show_less=“Text einklappen“ start=“hide“]
Binh wuchs unter recht schwierigen Bedingungen in einem Asylbewerberheim außerhalb von Aue im Erzgebirgskreis auf, wurde 1997 eingeschult und wechselte 2001 in die 5. Klasse der Mittelschule in Aue. Durch den Umzug der Familie kam es in der Folgezeit zu mehreren Schulwechseln und Binh schaffte es nicht einen Schulabschluss zu erreichen.
In der Zwischenzeit hatte sich auch die familiäre Situation geändert. Binhs Mutter bekam ein 2. Kind und der Lebensgefährte der Mutter wurde aus Deutschland ausgewiesen.

Schon als Kind war Binh in der Schule und auch in der Freizeit sehr häufig als „Fidschi“ oder als „Reisfresser“ beschimpft und schikaniert worden. So schloss er sich als Jugendlicher einer Gruppe an, die sich bei Auseinandersetzungen mit rechten, deutschen Jugendlichen nichts gefallen ließ. In diesem Zusammenhang kam es zu einem Verfahren, dass für die Gruppe der ausländischen Jugendlichen – also auch für Binh – zu einer Freiheitsstrafe führte, die allerdings zur Bewährung ausgesetzt wurde.
Trotz einer ausdrücklich positiven Sozialprognose durch das Amtsgericht in Aue, sollte Binh kurz darauf – mit Erreichen der Volljährigkeit, im April 2009 war er 18 Jahre alt geworden – nach Vietnam abgeschoben werden.

Es gab einige Menschen, die nicht verstehen wollten, warum ein junger Mann nach 15 Jahren in Deutschland, in ein Land abgeschoben werden sollte, das er als kleines Kind verließ. Hier – in Deutschland – waren seine Mutter und sein Bruder, die inzwischen einen Aufenthalt erhalten hatten und nach Berlin umgezogen waren.
Man empfahl Binh ins Kirchenasyl zu gehen und es fand sich auch eine evangelische Gemeinde in Freiberg / Sachsen, die ihn aufnahm und ihm Schutz gewährte.

Alle Bemühungen für Binh eine juristische Perspektive in Sachsen zu erreichen waren vergeblich und auch der Kontakt zur Härtefallkommission blieb erfolglos.
So kam Binh über Kontakte der ökumenischen Bundesarbeitsgemeinschaft Asyl (BAG) nach Berlin und wurde hier vom Verein „Asyl in der Kirche Berlin“ weiterbetreut. Hier fand er zunächst eine Unterkunft im Gebiet der evangelischen Gemeinde Heilig Kreuz/Passion. Als dort Umbaumaßnahmen stattfanden, musste für Binh eine neue Unterkunft gefunden werden und so übernahm im Herbst 2010 das „Forum Asyl mit St. Christophorus“ die Betreuung von Binh und die katholische Gemeinde St. Christophorus in Neukölln wurde die amtliche Meldeadresse für ihn.
Da kurze Zeit darauf 2 Polizeibeamte dort nachfragten, ob es richtig sei, dass sich Binh jetzt hier im Kirchenasyl befinden würde, beschloss das „Forum“, eine neue Unterkunft für ihn zu suchen. Dies führte dazu, dass Binh in den folgenden Jahren in verschiedenen katholischen und evangelischen Gemeinden in Neukölln untergebracht wurde, also ein wahrlich ökumenischer Kirchenasylfall.

Durch Binhs Rechtsanwältin in Berlin, Frau Böhlo, war es in der Zwischenzeit gelungen, das juristische Verfahren vor dem Verwaltungsgericht (VG) in Chemnitz wieder aufzunehmen und es gab auch eine Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts (OVG) Sachsen, das Binh eigentlich als „faktischer Inländer“ anzusehen sei.
Bei der Zurückverweisung des Falles an das VG in Chemnitz wurde leider der Verwaltungsrichter zuständig, der in Binhs Verfahren zuvor negativ entschieden hatte. Offenbar hatte dieser Richter sehr „viel zu tun“, denn auch mehrfache Nachfragen der Rechtsanwältin führten zu keiner neuen Entscheidung.

Seit dem Frühjahr 2011 besuchte Binh eine konfessionelle Oberschule und erhielt dort – zum Ende des Schuljahres 2012 – einen Hauptschulabschluss.
Ein im Auftrag seiner Rechtsanwältin erfolgtes psychologisches Gutachten bei XENION und auch eine weitere therapeutische Begleitung mit intensiven stützenden Gesprächen halfen Binh sicherlich seine traumatischen Erfahrungen in dieser Zeit teilweise zu verarbeiten. Trotzdem war es für ihn schwer zu verstehen, warum es in seinem Verfahren nicht weiter ging. Dies belastete natürlich seine Psyche enorm und führte immer wieder zu depressivem Verhalten.

Im Sommer 2012 wurde der Berliner Weihbischof, Dr. Heinrich, vom „Forum Asyl“ in Binhs Fall um Hilfe gebeten. Er schrieb einen Brief an den Präsidenten des VG in Chemnitz und fragte an, ob es nicht möglich wäre, das Verfahren voran zu bringen.
Als es auch nach Monaten keine Antwort gab, schrieb der Weihbischof erneut und nun kam plötzlich Bewegung in den Fall. Ein Vertretungsrichter am VG Chemnitz – der zuständige Richter war wohl krank – setzte der Ausländerbehörde in Aue eine Frist von 4 Wochen, um eine ausländerrechtliche Entscheidung im Fall Van Binh Tran zu treffen. Binh würde sonst durch Gerichtsbeschluss eine Duldung bis zum Abschuss des VG-Verfahrens erhalten.
So kam es dazu, das Binh am 6. Dezember 2012 – als Nikolausgeschenk – eine Duldung erhielt und nach über 3 ½ Jahren endlich wieder gültige Papiere hatte.

Auf Antrag der Rechtsanwältin wurde Binh außerdem gestattet, sich in Berlin aufzuhalten. In der Folgezeit musste Binh mehrmals nach Sachsen fahren, da seine Duldung nach den ersten sechs Monaten jeweils nur noch für weitere drei Monate verlängert wurde.
Die Ausländerbehörde in Aue veranlasste – wohl zur weiteren Verunsicherung Binhs – im Sommer 2013 eine amtsärztliche Untersuchung im Erzgebirgskreis, bei der die Reisefähigkeit von Binh festgestellt werden sollte.
Glücklicherweise war der Amtsarzt in der Kreisstadt Annaberg – Buchholz ein sehr wohlwollender Mann, der wenig Verständnis für die Anordnung der Ausländerbehörde hatte. Seine Stellungnahme war scheinbar sehr überzeugend, denn im Dezember 2013 erhielt Binh die Nachricht, dass er nun endlich einen Aufenthalt aus humanitären Gründen, nach § 25,5 AufenthG erhalten würde. Der Aufenthalt galt für 6 Monate und es wurde ihm gestattet, seinen künftigen Wohnsitz in Berlin zu nehmen.
Natürlich waren alle, die Binh in dieser Zeit unterstützt und begleitet hatten sehr glücklich, dass dieser Fall nach so langer Zeit der Ungewissheit ein positives Ende gefunden hatte.

Aber der Erfolg war noch nicht endgültig. Binhs Unterhalt war noch nicht geklärt und so musste ein Antrag auf Sozialhilfe nach dem Asylbewerberleistungsgesetz gestellt werden. Außerdem musste der Aufenthalt im Mai 2014 von der Berliner Ausländerbehörde verlängert werden.
Auch hier war das Glück endlich einmal auf Binhs Seite und er hatte einen Termin bei einem sehr netten Sachbearbeiter. Die Ausländerakte von Binh war rechtzeitig von Sachsen nach Berlin gesandt worden, aber mit fünf Bänden sehr umfangreich.
Der Sachbearbeiter schien die Entscheidungen in Sachsen recht merkwürdig zu finden und wunderte sich ebenso über die Erteilung eines Aufenthaltes von nur 6 Monaten. Auch war er der Meinung, die Behörden in Sachsen hätten die Berliner Ausländerbehörde erst darüber informieren müssen, bevor sie Binh die Erlaubnis erteilen, seinen Wohnsitz in Berlin zu nehmen.
Grundsätzlich beurteilte er einen weiteren Aufenthalt von Binh aber positiv, nur wollte er keine Entscheidung treffen, bevor nicht ein Vorgesetzter diesen Fall genauer überprüft hätte. Binh erhielt also eine Fiktionsbescheinigung für 6 Monate. Darin wird bescheinigt, dass der Aufenthalt weiterbesteht, die Ausländerbehörde aber noch eine Zeit der Überprüfung benötigt, bis der Aufenthalt verlängert wird.
Wieder warten, wieder Unsicherheit für Binh? Gott sei Dank nur für ein paar Wochen. Dann bekam Binh einen neuen Vorsprachetermin bei der Ausländerbehörde und eine nette Sachbearbeiterin erteilte ihm einen Aufenthalt FÜR DREI (3) JAHRE.
Vorsichtige Nachfrage: „… und die Lebensunterhaltssicherung?“ – Antwort: „Na das wird dann bei der nächsten Verlängerung in 3 Jahren überprüft.“

Binh hat sogar noch die Wahl, ob er den Aufenthalt in seinen Pass geklebt bekommt, also gleich mitnehmen kann oder auf die Anfertigung einer Chipkarte warten möchte. (Früher wurde der Aufenthalt immer in den Pass geklebt, aber seit 2 Jahren gibt es die Chipkarte.)
Binh entscheidet sich für den Pass, denn er möchte seinen Aufenthalt gleich mitnehmen.
Er möchte nach diesen langen Jahren der Unsicherheit „endlich einmal nach vorne schauen“, möchte „sein Leben neu ordnen“ und er hat vielleicht auch schon damit begonnen. Seit einigen Wochen arbeitet er im Restaurant „Reis und Nudeln“ in der Skalitzerstr. 105, direkt am Görlitzer U-Bahnhof.

Ein wahrlich ökumenischer Kirchenasylfall ist zu einem guten Ende gekommen und es bleibt die Hoffnung, dass Binh jetzt seinen Weg geht, vielleicht noch eine Ausbildung macht,
aber endlich weiß, dass Deutschland, dass Berlin seine Heimat ist.[/dropdown_box]

 

Internationaler Tag des Flüchtlings

Die Kirchengemeinde St. Christophorus und Asyl in der Kirche Berlin e.V. luden am Freitag, den 20. Juni zu einem Ökumenischen Gottesdienst mit anschließendem Empfang.  Es predigte Kardinal Woelki.
Von l.n.r.: Meko­wa­nent Yakob Michael; Bernhard Fricke, Vorsitzender von Asyl in der Kirche e.V.; Lampedusa Flüchtlinge, derzeit wohnhaft in Räumen der Caritas in der Residenzstr.; Prediger Rainer Maria Kardinal Woelki und Lissy Eichert UAC, Forum Asyl mit St. Christophorus

Foto (c) Uta Kessler