kirchenkunst
Kunst in der Kirche: Hier ein Werk der Künstlerin Sheila Barcik.

Gerade über Musik, alle Formen von Kunst, Literatur und auch Essen ergeben sich viele Begegnungsmöglichkeiten zwischen Menschen – unabhängig von ihrer Religion oder ihrer Herkunft. In unseren Möglichkeiten versuchen wir hier Räume zu öffnen, die über den eigenen Kirchturm hinausgehen. Ein Projekt ist  Kunst in der Kirche. Nach den guten Erfahrungen mit dem lokalen Kunstevent “48 Stunden Neukölln”, bei dem über 1000 Menschen durch unsere Kirche und auf unseremKirchturm strömten, wagen wir jetzt, diese Begegnungsmöglichkeit beständiger zu gestalten.

aktuelle Ausstellung

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Detlef Günther: „Grund, Transnaissance no.2“, Malerei
Vernissage: 21.10.2016, 19.30 Uhr
Ausstellungsdauer: 22.10. bis 17.11.2016
Öffnungszeiten: Do 16-19, Fr 19-22, Sa 16-18, So 11-17 Uhr/ und nach Vereinbarung

„Grund“ nennt der Berliner Künstler Detlef Günther seinen Zyklus aus sechs Bildern, den er für die St. Christophorus Kirche gemalt hat. Wie Farbfelder entfalten sich die dunkelgrauen bis schwarze Flächen in den Seitenschiffen. Die Bilder laden zum stillen Betrachten ein. Kein Abbild erwidert den Blick des Betrachters. Nur diese dunklen Flächen, die „Schwarz“ erscheinen. [dropdown_box show_more=“Weiterlesen“ show_less=“Text einklappen“ start=“hide“]Das Auge entdeckt feine Strukturen, die auf einen langen Malprozess hindeuten. Die Farbe wurde auf- und abgetragen, eher mit den Händen als mit dem Pinsel. Sie wurde abgekratzt, mit dem Lappen gewischt, gemischt, geschrubbt. Der Ölfarbe wurden Pigmente und Graphite beigemischt. Detlef Günther spricht von einem Malprozess, der einer Waschung ähnelt. Wie ein flacher Resonanzkörper wird darin die Oberfläche untersucht, die jede Lichtreflexion verschluckt. Und immer wieder schimmert unter den dunklen Flächen ein heller
Hintergrund.
Schwarz ist die Basisempfindung des Sehorgans; als unbunte Farbe beinhaltet sie die Dualität Licht/Dunkelheit, in der additiven Mischung enthält sie alle Farben. Im Schwarzen treffen sich alle Möglichkeiten der Wahrnehmung. Metaphorisch mag dies der Anfang und das Ende eines Weges bedeuten. In den Nischen der Seitenschiffe, in denen nach der katholischen Tradition die uralte christliche Geschichte erzählt wird, stellt die Malerei von Detlef Günther, die in der ikonoklastischen Tradition der Abstrakten Malerei steht, die Frage nach Repräsentation:
Auf einen Grund malen, bis die Malerei selbst zum Grund wird. Mit dem von Celia Caturelli 2013 initiierten Projekt „Kunst in der Kirche“ werden in der St. Christophorus Kirche regelmäßig Ausstellungen gezeigt. „Kunst in der Kirche“ geht der Frage nach, ob in einer immer mehr von Bildern und Informationen überfüllten Welt, Kunst -noch- eine Möglichkeit des Innehaltens und der Reflexion ermöglichen kann.
Die Projekte werden für den sakralen Raum der Kirche konzipiert.

Detlef Günther (Berlin), studierte Philosophie, Soziologie, Psychologie und Kommunikationswissenschaften an der Ludwig-Maximilian-Universität in München und der Freien Universität in Berlin. Anschließend studierte er Kunst an der UDK Berlin bei Professor H.J. Diehl (Meisterschüler).
Seit 1988 hat Detlef Günther Ausstellungen im In- und Ausland in den Bereichen Malerei, Video und Multimediaenvironments. Seine Arbeiten sind u.a. vertreten in der Sammlung Karl Kremer (Gelsenkirchen), in der Kunstsammlung der Deutschen Bank (Frankfurt) und im Kunstmuseum Gelsenkirchen. [/dropdown_box]

Mit Stille kommt etwas in Bewegung

Interview mit dem Berliner Künstler Detlef Günther zur aktuellen Ausstellung in St. Christophorus: Grund, Transnaissance no.2

Herr Günther, können Sie uns den etwas sperrigen Titel erläutern?

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Detlef Günther, Foto (c) Evelyn Christel

„Grund“ ist ein normales deutsches Wort. Mein Hauptaugenmerk richtet sich auf den Grund, auf dem wir stehen und von dem aus wir uns entwickeln. Natürlich hat das Wort auch die Bedeutung „Grund/Ursache“. Immer wieder auf den Grund zu kommen, unsere Grundlagen zu hinterfragen, Diese Fragen habe ich mir auch in meinem Arbeitsprozess gestellt. Und mit der Einladung, etwas für diese Kirche zu machen, bin ich auf diese extreme Form, die extreme Farbe, gekommen. Es war mir sehr wichtig, kein Abbild mehr zu zeigen, nichts mehr zu zeigen, sondern im Betrachter einen Moment der völligen Aufmerksamkeit auf sich selbst zu erzeugen, eine Art Seelenstille.[dropdown_box show_more=“Weiterlesen“ show_less=“Text einklappen“ start=“hide“]

Die gemalte Stille?

Stille ist kein Vakuum, sondern Raum, sich zu entfalten. Dinge zu entwickeln, Inspirationen zu empfangen. „Was wollen wir? Als Einzelne? Als Gemeinde? Die Fragen müssen wir uns stellen. Heute geht es ja nichtmehr ums „Ich“ sondern es muss ein ganz anderes „Wir“ entwickelt werden. Mit Stille meine ich nicht Bewegungslosigkeit. Mit Stille kommt etwas in Bewegung, etwas Grundlegendes.

Was meinen Sie mit Ihrem Begriff „Transnaissance“?

Es besteht zwar eine Analogie zur Renaissance. Aber mir geht es bei diesem Begriff nicht um Wiedergeburt oder Rückerinnerung, sondern mehr um ein Losgelöst-Sein von der Zeit. Es ist heute alles synchron vorhanden und wir müssen uns in dieser Zeit irgendwo platzieren, orientieren. Hier ist für mich der Bezug zur Farbe Schwarz. Schwarz ist etwas völlig Indifferentes. Wenn wir uns in einem schwarzen Raum finden, sind wir orientierungslos. Das ist für mich etwas Positives. Nur wenn wir uns „verlieren“, stellen wir uns die wichtigen Fragen neu.

Was ist für Sie hier das Besondere an St. Christophorus?

Ich habe einen Bezug zu dieser Gegend. Ich habe fast 20 Jahre in „Kreuzkölln“ gelebt. Zudem finde ich das Projekt, das Pater Kalle Lenz und Frau Caturelli ins Leben gerufen haben, bewundernswert. Es ist toll, dass dieser Kirchenraum kulturell geöffnet wird, mit dem Konzept, dass die Künstler extra für diesen Raum etwas produzieren, sich auf diesen Raum beziehen sollen. Mir war wichtig, nicht dagegen zu gehen, sondern den Raum über den Klang dieser Farbe in seiner Ruhe zu betonen.

Wie arbeiten Sie?

Ich arbeite mit Fotografie, mit Film, Licht, Klang oder Rauminstallationen. Die Inhalte sind gesellschaftlich orientiert und je nach Inhalt suche ich mir dann erst die Form. Bei dieser Arbeit hier habe ich mich ganz bewusst auf das Tafelbild bezogen, die klassische Leinwand. Ich komme aus der abstrakten Malerei, arbeite oft mit Farben. Diesmal habe ich sie extrem reduziert, auch in Bezug auf die alten Meister wie Malewitsch oder Rothko. Es sind keine neuen Bilder, aber sie sind in der Machart anders.

Was ist das Andere?

Die Art, wie ich mit der Farbe umgegangen bin, kann man eher als eine Waschung bezeichnen. Ich habe nicht mit Pinseln gearbeitet, sondern Leinöl, Pigmente und Graphit gemischt und mit einem Lappen aufgetragen, mit der Bürste wieder abgekratzt, wieder aufgetragen, in einer permanenten Wiederholung, bis ich eine bestimmte Tiefe erreicht habe. Dabei geht es für mich fast mehr um das Abtragen als das Auftragen. Bis ein Klang erreicht ist, im Sinne eines Nachhalls. Ich wollte einen Nachhall erreichen. Im Betrachter vielleicht, denn man sieht ja nicht viel. Und es passiert nicht auf dem Bild, sondern vielleicht mit dem Bild.

Foto/Interview: Evelyn Christel[/dropdown_box]

letzte Ausstellung in der Kirche

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„Gebetsteppiche“ von Armin Lindauer (Mannheim) ist die dritte Ausstellung in diesem Jahr der katholischen Kirchengemeinde St. Christophorus im Neuköllner Reuterkiez. Als Vorlage dienen Lindauer Abbildungen traditioneller orientalischer Teppiche. Die Motive sind vergrößert dargestellt. Die Malerei ist kraftvoll und direkt. [dropdown_box show_more=“Weiterlesen“ show_less=“Text einklappen“ start=“hide“]

Die Spuren des Malprozesses bleiben sichtbar. Die Oberfläche des Bildes wird auf ein Motiv hin untersucht. Es geht in Lindauers Malerei nicht um Abbildung sondern um Malerei: Wir sehen diese als Ornament, als Topoi, als Textur.
In der muslimischen Tradition schützt der auf dem Boden ausgebreitete Teppich während des Gebets vor Unreinheit. Gleichzeitig erzählt er Geschichten ornamental, nicht abbildend: Geschichten von Ereignissen und Wiederholungen, von einer Welt die als Geschaffene verstanden wird, als eine Konstruktion. In diesem Sinne ist ein solcher Teppich schon vor der Moderne zugleich Text und Bild und steht in einer anderen ikonischen Tradition als die der christlichen.
Die sechs Gemälde, in leicht unterschiedlicher Größe, werden in den Seitenschiffen gezeigt. Sie dekonstruieren das Verhältnis von Malerei, Gebet und Repräsentation im Kontext einer christlichen Kirche.
Mit dem von Celia Caturelli 2013 initiierten Projekt „Kunst in der Kirche“ werden in der Kirche St. Christophorus regelmäßig Ausstellungen gezeigt.
„Kunst in der Kirche“ geht der Frage nach: In einer immer mehr von Bildern und Information überfüllten Welt, kann Kunst –noch- eine Möglichkeit des Innenhaltens und der Reflexion ermöglichen?
Die Projekte werden für den sakralen Raum der Kirche konzipiert. Armin Lindauer studierte in Düsseldorf, Konstanz und Berlin (Meisterschüler bei Prof. Helmut Lortz). Von 1984 bis 1997 nahm er verschiedene Lehrtätigkeiten an der Universität der Künste Berlin wahr. Seit 2000 ist er Professor an der Hochschule Mannheim. Seine Arbeiten wurden regelmäßig ausgestellt, unter anderem in der Kunsthalle Nürnberg, in Berliner Galerien (Galerie Michael Schulz, Artspace POT 72), dem Abgeordnetenhaus von Berlin, dem Kunstverein Schwetzingen sowie dem Kunstverein Mannheim. Bereits 1987 erhielt er den Kunstförderpreis »Stadtzeichner von Nürnberg«. Seine angewandten Arbeiten sind in den Bereichen Plakat-, Buch und Kataloggestaltung angesiedelt und wurden mit über vierzig nationalen und internationalen Preisen ausgezeichnet.[/dropdown_box]

Die gemalte Frage nach der Wirklichkeit

portrait2Im Interview: Der Maler und Designer Armin Lindauer, dessen Werke noch bis 7. Oktober in St. Christophorus zu sehen sind.

 Herr Lindauer, was hat Sie motiviert, Gebetsteppiche zu Ihrem Thema zu machen?

Von diesen Teppichen und ihren Mustern war ich schon immer fasziniert. Es gibt rein ornamentale und welche, die Bildmotive enthalten. Die Grenzlinie dazwischen ist interessant. Natürlich ist das Motiv auch ein Verweis auf Religiöses. In einem modernen Verständnis kann man ja auch Kunst als eine religiöse Haltung interpretieren. Durch die Umsetzung in Malerei entsteht eine Wechselbeziehung, die sehr spannend ist.

Das müssen Sie näher erklären: „Kunst als religiöse Haltung“.

Viele Dinge, die man in der Religion praktiziert, – wie sich versenken, etwas mit Andacht betrachten, etc. ­– sind dem Kunst machen ähnlich. Die Versenkung ist ein Teil von dem, was man da tut, die Hingabe ebenso. Da gibt es eine Menge Überschneidungen.[dropdown_box show_more=“Weiterlesen“ show_less=“Text einklappen“ start=“hide“]

Haben Sie sich schon vorher künstlerisch mit spirituellen Themen auseinandergesetzt?

Für mich ist das Künstlerische selbst spirituell, meine Haltung dabei ist spirituell. Wenn man keine tiefen Empfindungen für oder bei der Arbeit hat, wird sie schnell banal und dann braucht man sie eigentlich nicht zu machen. Neulich ging es in einem Gespräch um Kreativität, die normale und die besondere. Die normale haben wir alle, die brauchen wir, um unser Leben zu bestehen. Sie unterscheidet sich aber von der besonderen dadurch, dass deren Ergebnis für „andere“ von Bedeutung ist. Dies gilt auch für die künstlerische Arbeit: Sie bekommt ihre Bedeutung durch den Betrachter.

Hatten Sie schon Aufträge aus dem sakralen Bereich?

Noch nicht, gerne bei mir melden! Daran bin ich absolut interessiert.

Im Bild haben Sie den Dialog mit dem Betrachter im Sinn. Haben Sie auch den christlich-muslimischen Dialog im Sinn?

Das war keine direkte Absicht, aber es ist natürlich darin enthalten. Und was andere beim Betrachten der Bilder aus ihrem Leben und ihren Empfindungen mit hinein nehmen ist willkommen. Wenn das Bild hängt, habe ich sowieso nicht mehr viel damit zu tun. Es ist dann für andere da.

Nun ist es keine Galerie, sondern ein Kirchenraum, in dem Sie die Bilder aufgehängt haben. Welche Rolle spielt der Raum?

Der Kontext für diese Bilder ist ideal. In diesem Zusammenhang gibt es einen ganz anderen Bedeutungshof. Der ist hier natürlich richtig gut, auch weil der Unterschied zwischen christlicher und muslimischer Welt mitschwingt. Es ergibt sich ein Spannungsfeld, das beide Seiten berührt. An diesem Ort werden die Bilder zu einer Inszenierung. Der Raum gibt eine Rückkopplung und wirkt wie ein Verstärker. Darüber hinaus erhöht der inhaltliche Kontrast die Aufmerksamkeit.

Es scheint ein Nachdenken über „Kunst überhaupt“ in Ihrem Schaffen zu geben?

Absolut. Über die Realität der Bilder. Eigentlich über die Realität allgemein. Es gibt dieses Buch von Paul Watzlawick „Wie wirklich ist die Wirklichkeit?“ Dieser Titel könnte ebenso über diesen oder anderen Bildern von mir stehen. Wie wirklich ist dieses Bild? Das ist ein Thema, das bei meinen Arbeiten immer mitschwingt und gleichzeitig ist es ein Hauptthema meiner Suche.

Steckt da die historische Tradition des „trompe l’ oeil“ drin, der illusionistischen Malerei?

Die ist zwar drin, aber die ist mir nicht so wichtig. Wichtiger ist mir, diesem Gefühl Ausdruck zu geben, dass man sich oft nicht in der „wirklichen“ Welt fühlt.  Als ob man wie eine fremde Figur in einer fremden Welt herumläuft.

In einer anderen Ausstellung, die zeitgleich hier in Neukölln stattfindet, zeigen Sie Bilder, auf die Sie Bilderrahmen gemalt haben.

Die gemalten Rahmen sind das eigentliche Motiv. Hier stellt sich die Frage: „Was ist Rahmen und was ist Bild?“  Die mehrfache Relativierung – nicht das Original, sondern das Bild vom Bild vom Bild – zu zeigen, fragt auch: Womit haben wir es hier eigentlich zu tun? Das Medium Bild wird symbolisch eingesetzt, für die Sicht auf eine unbegreifliche Welt.

Interview: Evelyn Christel [/dropdown_box]

Das Facetten-Magazin Neukölln berichtet über die Vernissage:

„Gebetsteppiche in einer Neuköllner Kirche

Die Ausstellungsreihe „Kunst in der Kirche“, die es seit 2013 in der Kirche St. Christophorus am Reuterplatz gibt, kreist um die Frage, ob es möglich ist, in einer katholischen Kirche in Berlin zeitgenössische Kunst zu zeigen. Freitagabend stellten Pater Kalle Lenz und Prof. Celia Caturelli, die als Gemeindemitglied die Ausstellungsreihe angeregte, bei der Vernissage die […]“ weiterlesen.

20150621_173116Fête de la Musique in St. Christophorus

Am 21. Juni sang der Kiez-Chor Kling­Klang zum Fête de la musi­que auf unse­ren Kir­chen­stu­fen Lie­der von Klas­sik über Jazz bis Gos­pel.

Fotos (c) Thomas Marheinecke
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